Audi stellt dem pragmatischen A6 und dem schönen A7 wieder S-Modelle zur Seite. Die haben, wie üblich, von allem etwas mehr als nötig – oder eben gerade genug.
Leise schnurrt der Audi vor sich hin. Er gleitet entspannt über die Autobahn und lässt sich dabei nicht anmerken, dass sich die Hälfte der acht Zylinder unter der Motorhaube eine Auszeit gönnen. Nur ein kleiner Hinweis im Zentraldisplay macht darauf aufmerksam. Cylinder on demand nennt Audi das System, das nach der Luxuslimousine S8 jetzt auch in den sportlichen Ablegern von A6 und A7 zum Einsatz kommt, im S6, im S6 Avant und im S7.
Das ist die vernünftige Seite dieser Autos, denn die Zylinderabschaltung spart Sprit. Doch es gibt auch einen unvernünftigen Teil: 420 PS und 550 Newtonmeter Drehmoment. Eine Beschleunigung von 4,7 Sekunden bis Tempo 100 (die S6-Limousine schafft es sogar in 4,6 Sekunden). Und nicht zuletzt ein Preis von mindestens 73.850 Euro für die S6-Limousine (der Avant kostet 76.200 Euro, der S7 sogar 80.850 Euro).
Schall und Gegenschall
Audi hat sich bemüht, bei den neuen S6- und S7-Modellen das Gewicht zu drücken (20 Prozent der Karosseriestruktur sind aus Aluminium) und Geräusche und Vibrationen so weit wie möglich zu vermeiden. Und während man sich von ersteren deutlich mehr verspräche – der S6 wiegt immer noch mehr als 1,9 Tonnen – merkt man tatsächlich nichts davon, dass bei geringer Last nur vier Zylinder arbeiten, was prinzipiell für Unruhe gegenüber dem Achtzylinder-Betrieb sorgen würde. Aktive Motorlager gleichen unerwünschte Schwingungen aus, und störende Geräusche werden durch Gegenschall über die Soundanlage eliminiert.
Nun kauft niemand ein Auto mit 420 PS, um permanent im Sparmodus dahinzurollen. Ab und zu will man den V8 schließlich grollen hören. Und das macht er beim Tritt aufs Gaspedal. Leider nicht sehr laut. Das ist zwar sozial verträglich, aber etwas schade. Der V10 des Vorgängers hat hier ganz andere, aufregendere Töne angeschlagen.
Die Physik bleibt
Kompetent aber sind die neuen Audis mit dem S. Egal, ob als Limousine, als Kombi oder als Sportback S7. Mag sein, dass die Limousine sich eine kleine Spur direkter anfühlt, aber schnell sind alle drei. Erst spät fangen sie an in Kurven über die Vorderräder zu rutschen und neutral schieben sie aus den Kurven heraus. Bis zu 80 Prozent der Kraft werden dabei vom Quattro-Antrieb an die Hinterräder geschickt. Wirklich leichtfüßig fühlen sich allerdings weder S6 noch S7 an. Die Physik zerrt eben an zwei Tonnen Gewicht.
So ist letzten Endes doch die Langstrecke ihre Domäne. Da genießt man das schöne Ambiente im Innenraum, die vielen Luxus-Extras und ein dank Luftfederung recht komfortables Fahrverhalten. Und das gute Gefühl, dass vier Zylinder gegebenenfalls einfach mal abschalten. Wobei: Gemütlich dahinrollen kann man auch mit einem Diesel.
Dieser Artikel erschien am 5. Mai 2012 in der “Berliner Zeitung”.
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